Wir sind Maria Theresia – die drei Körper einer Unternehmerin
Jede Unternehmerin, die ihre Kinder neben der eigenen Geschäftstätigkeit groß gezogen hat, lebte ihre „Kindererziehungsjahre“ ähnlich wie Kaiserin Maria Theresia, Königen von Ungarn und Böhmen etc.etc.:
In den Unternehmensräumlichkeiten kugeln immer Spielsachen mit und ohne Kinder – den eigenen und den fremden – herum, zwischen der Geschäftskorrespondenz müssen Erziehungsanweisungen gegeben werden – entweder direkt an die Kinder oder an ihre Aufsichtspersonen – und immer wieder müssen Business-Termine wegen der Krankheit von Kindern verschoben oder ganz abgesagt werden. Jedenfalls verläuft wegen der lieben Familie kaum ein Tag, so wie geplant, und definitiv an keinem Tag kann sich frau „nur“ auf das Geschäft konzentrieren.
Damit beeinflusst das Muttersein das eigene Geschäft und umgekehrt – und immer ist es ein Balanceakt zwischen den Eckpfeilern Mutterschaft und Unternehmertum. Für alle, die dazu noch in einer Beziehung leben, kommt dann die Rolle der Geliebten, die sich über das Wohlergehen des Partners den Kopf zerbricht und auch dafür Arrangements trifft, noch dazu – so wie für Maria Theresia 258.774 Stunden bis zum Tode ihres Franz Stephans.
Der Vorteil dieses ständigen Wechsels zwischen den unterschiedlichen Welten:
Die Bodenhaftung bleibt bestehen und vieles, was man in der einen Welt erfährt (im wahrsten Sinne des Wortes!), kann man in der anderen einsetzen.
Der Nachteil besteht im Kräfte raubenden Ausgleich aller, teilweise divergierender, Ansprüche, die seelisch, intellektuell und körperlich erlebt werden und gemanagt werden müssen.
Elisabeth Badinter spricht dementsprechend in Anlehnung an den Mittelalter-Historiker Ernst Kantorowicz von den drei Körpern der Maria Theresia: „Dem natürlichen und sterblichen Körper der Frau, dem symbolischen und unsterblichen Körper der Herrscherin“ und dem „mütterlichen Körper (…), der die Abstammungslinie fortführt.“ (Maria Theresia – Die Macht der Frau)
Auch wenn wir „nur“ Königinnen in unserem eigenen Leben sind, sollten wir uns der vielfachen Rollen und Bedeutungen für unsere Familien und unser Umfeld nicht nur bewusst, sondern vor allem auch stolz darauf sein. Aber die schwierigen Balanceakte, die sich aus diesem vielfältigen Leben für Frauen ergeben, sind kaum wichtige Themen der Öffentlichkeit, die Anerkennung bringen, sondern Problembereiche, die jede Frau möglichst unauffällig bewältigen soll; sie sind jedenfalls kein Grund für ein „heroisches Siegerinterview“ wie wir es von erfolgreichen Sportlern kennen. Dabei ist alleine Kindererziehung definitiv ein langer und aufwändiger Marathon, der vielfaches Geschick und Durchhaltevermögen erfordert.
Andererseits nehme ich in persönlichen Gesprächen mit Männern oft ein Neidgefühl auf die „Entscheidungsmöglichkeiten“ von Frauen wahr:
Männer (besonders die ehrgeizigen) klagen über die Festlegung auf die Rolle desjenigen, der es im Beruf zu etwas bringen muss, der alle Herausforderungen letztendlich meistern muss und keine Entscheidungsfreiheit zwischen erfolgsorientiertem Berufsleben und selbstverwirklichkeitsorientiertem Privatleben hat… Abgesehen davon, dass ich vermute, dass Männer das Leben einer hauptsächlich familienbeauftragten Person mindestens so idealisiert sehen wie viele Frauen das Leben eines Top-Karriere-Menschen, ist es ein großes Versäumnis unserer Gesellschaft, dass Familienarbeit noch immer als minderwertig betrachtet wird.
Dabei wäre hier die Tatkraft aller „familienneidiger“ Männer gebraucht, um gemeinsam einen Meinungsumschwung in der Gesellschaft zu erwirken: Selbstbewusst könnten sie in ihrem eigenen Leben in verschiedenen Lebensphasen verschiedene Schwerpunkte legen und so ihr Menschsein ebenso vielfältig wie ein Frauenleben gestalten. Sie könnten – wie Maria Theresia – neue Wege beschreiten. Wie man an ihrem Beispiel sieht, ist das zwar nicht einfach, kann aber trotzdem von Erfolg gekrönt werden.