Von Scheren, Ungleichgewichten und Rück-Vor-Schritten
Während uns der Global Gender Gap Report 2015 berichtet, dass Frauen 2015 so viel verdienen, wie Männer bereits 2006 auf dem Lohnzettel hatten, zeigt das aktuelle Ergebnis einer Studie des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung in Deutschland, dass so wie vor 10 Jahren nur jede vierte Top-Management-Position von einer Frau besetzt ist. Dabei waren die Zeiten für Frauen in Führungspositionen schon besser: 2012 stieg ihr Anteil auf 26% – um 2014 wieder auf 25% zu sinken.
Interessant ist in diesem Zusammenhang auch, dass Frauen in Deutschland am ehesten in den Chefsesseln von Unternehmen der Gesundheits- und Erziehungsbranche (43%), im Einzelhandel (38%) und im Gastgewerbe (39%) zu finden sind. Dies sind alles Branchen mit traditionell schlechten Verdienstmöglichkeiten und geringen Margen.
Als Wirtschaftsfaktor sind Frauen anscheinend nur interessant, wenn man ihnen als Zielgruppe Produkte teurer verkaufen kann als Männern: The Times fand heraus, dass bei Tesco 10 Wegwerfrasierer in pink doppelt so teuer verkauft werden wie in „männerorientierten“ Farben.
Licht am Horizont erscheint, wenn wir in die zweite Führungsebene blicken: Dort gab es zwischen 2004 und 2014 immerhin eine Steigerung von 33 auf 39%, das waren also 6 Prozentpunkte in 10 Jahren – nicht gerade eine rasant positive Entwicklung.
Eigentlich ist es erschreckend, dass sogar in einer so offenen Gesellschaft mit einem auf Gleichberechtigung hin orientierten Rechtssystem wie in Westeuropa keine kraftvolle Bewegung zur wirtschaftlichen Gleichstellung von Frauen führt.
Dadurch gehen der Wirtschaft und der Gesellschaft nach wie vor wichtige Impulse und Potentiale verloren; beide würden wir angesichts der vielen aktuellen Krisen dringend benötigen – in Westeuropa und weltweit.