Gratulation an FidAR zum Gesetz zur gleichberechtigten Teilhabe von Frauen und Männern in Deutschland!
Am 6. März 2015 um 10.55 Uhr wurde im deutschen Bundestag das Gesetz zur gleichberechtigten Teilhabe von Frauen und Männern an Führungspositionen einstimmig (!) beschlossen.
Der deutsche Bundesjustizminister Heiko Maas formulierte in seiner Rede: Die Frauenquote sei der „größte Beitrag zur Gleichberechtigung seit Einführung des Frauenwahlrechtes“ im Jahr 1918. Nach der politischen Macht bekämen Frauen endlich auch einen fairen Anteil an der wirtschaftlichen Macht.
DIE GRÜNEN gaben dem Moment das Motto: „Ein kleiner Schritt für einen Mann, aber ein großer Schritt für die Menschheit.“
Nach 10 Jahren harter Arbeit konnte FidAR – Frauen in die Aufsichtsräte mit viel Engagement dieses Gesetz mit auf den Weg bringen – wir gratulieren sehr herzlich! Und freuen uns über diesen für die ganze DACH-Region beispielgebenden Schritt.
Hier ein Rückblick auf die einzelnen Etappen des langen Weges von FidAR – beschrieben vom FidAR-Vorstandsteam – Monika Schulz-Strelow, Jutta von Falkenhausen, Monika Rödl-Kastl, Andrea Kunwald, Elke Benning-Rohnke, Nina Brandi, Dr. Michaela Damson, Dr. Anne Rosken, Dr. Heike Schwesinger, Dr. Kirsten Soyke – selbst:
Im Februar 2005 (im Vorfeld des Weltfrauentages) starteten die Berliner Bündnis 90/DIE GRÜNEN und hier in besonderem die damalige Fraktionsvorsitzende im Berliner Abgeordnetenhaus, Dr. Sybille Klotz und Sabine Bangert den Aufruf, mehr Frauen in die Führungspositionen der Privatwirtschaft zu bringen. Diesem Aufruf sind engagierte Frauen gefolgt. Zusammen mit Sabine Bangert, Cornelia Creischer, Jutta von Falkenhausen, Dr. Sybille Klotz, Eva Kreienkamp, Dr. Brigitte Lammers und Prof. Brigitte Clemens Ziegler haben wir die Grundlage für den Verein FidAR – Frauen in die Aufsichtsräte e. V. gelegt, den wir dann im November 2006 gegründet haben.
Hilfreich in 2007 waren die Äußerungen von Dr. Gerhard Cromme in seiner Funktion als Vorsitzender der deutschen Corporate Governance Kodex Kommission anlässlich des viel zitierten Dinners des Deutschen Juristinnenbundes im Oktober 2007, wo er als Keynote Speaker den denkwürdigen Satz den 300 anwesenden Frauen mit auf den Weg gab „Meine Damen, Aufsichtsratssitzungen sind keine Kaffeekränzchen!“ Recht hatte er. Eine Liste mit 300 Kurzprofilen von qualifizierten Frauen aus Wirtschaft und Wissenschaft übergab er umgehend an die anwesende Bundesjustizministerin Brigitte Zypries, daraus könne sie ja ein neues Mitglied für die Deutsche Corporate Governance Kommission aussuchen. Unser Dank gilt dem djb für das Dinner und Dr. Gerhard Cromme für seine authentischen Äußerungen; ohne die sich gar nicht so viel Widerstand geregt hätte.
Das Jahr 2008 war geprägt von der Finanz- und Wirtschaftskrise, Verunsicherung in der Aufsichtsratslandschaft und der Frage: „Hätten Frauen im Aufsichtsrat diese Krise verhindern können?“ Diese Frage wurde von den Medien häufig an FidAR gerichtet, erhöhte unseren Bekanntheitsgrad deutlich und führt auch zu einer steigenden Zahl von Mitgliedern. In 2008 haben wir uns auf die Forderung nach einer festen Quote für die Anteilseignerseite in den Aufsichtsräten verständigt, da die freiwillige Selbstverpflichtung aus 2001 nachweislich keine Fortschritte gebracht hat. Die Annäherung an die Politik erfolgte langsam und hier hatte besonders die CDU Aufklärungsbedarf. Bündnis90/ DIE GRÜNEN waren im politischen Raum allerdings die Einzigen, die das Thema aktiv diskutierten. Unser Dank gilt Renate Künast und den Medien, denn sie trugen zu unserem wachsenden Bekanntheitsgrad bei.
Im Jahr 2009 – im Vorfeld der Bundestagswahl – fanden wir in der Bundesministerin Ursula von der Leyen und der Abteilungsleiterin in ihrem Ministerium, Eva- Maria Welskop-Deffaa, verlässliche Verbündete. In der Pressekonferenz zum 1. FidAR-Forum im September 2009 – 10 Tage vor der Bundestagswahl – ließ Bundesministerin von der Leyen eine Pressemitteilung verteilen, in der sie den Stufenplan für die Erhöhung des Frauenanteils in der Privatwirtschaft und den öffentlichen Unternehmen nach der Wahl ankündigte. Wir waren begeistert. Der Aufforderung von Daniela Weber-Rey, damals einziges weibliches Mitglied in der DCGK-Kommission, als eine der Keynote Speakerinnen des 1. FidAR-Forums, „Frauen sollen mehr fordern“, ist dann die DCGK-Kommission unter Leitung von Klaus Peter Müller im folgenden Jahr mit ihren Empfehlungen gefolgt. Im November 2009 haben wir einen ersten Aufsichtsratsvorsitzenden, Prof. Reinhard Pöllath als Mitglied gewinnen können. Prof. Manuela Rousseau, Mitglied im Aufsichtsrat von Beiersdorf und eine der ersten Unterstützerinnen von FidAR hatte an diesem Schritt großen Anteil. Der Ministerinnenwechsel im Dezember 2009 von Frau von der Leyen zu Frau Schröder war für die Weiterentwicklung des Stufenplans nicht förderlich. Der Dank für das Jahr 2009 geht an die damalige Frauenministerin von der Leyen und an ihr Ministerium.
2010 trat auf der politischen Bühne relativer Stillstand ein. Am 15. März, auf dem 2. FidAR-Forum überschlugen sich allerdings die Ereignisse. Thomas Sattelberger, damals Vorstand der Deutschen Telekom AG, ebnete mit seiner Ankündigung einer 30% Quote für Frauen in Führungspositionen in der Deutschen Telekom bis 2015 den Weg für die öffentliche Diskussion zur Quote in Konzernen. Unter der Leitung des Vorsitzenden, Klaus-Peter Müller, verabschiedete im Juni 2010 die DCGK-Kommission eine Empfehlung, „mehr Frauen in die Aufsichtsräte und Vorstände zu berufen“. Diese Empfehlung bildete für FidAR die Grundlage für den ersten Women-on-Board Index, um das Thema weiter vorantreiben zu können. Wir lagen in 2010 bei 10 % Frauen in den Aufsichtsräten und über 75 der 160 Dax-Konzerne befanden sich in der frauenfreien Zone. Unser Dank für das Jahr 2010 gilt besonders Klaus-Peter Müller und Thomas Sattelberger.
Das Jahr 2011 war bis Mitte des Jahres wenig erbaulich. Doch dann fanden sich die Frauen aus allen Parteien mit den 6 führenden Frauenverbänden, die das Thema mehr Frauen in Führungspositionen unterstützten, zusammen und sahen es als zwingend notwendig an, überfraktionell und im Schulterschluss im parlamentarischen Raum eine abgestimmte Position zu erarbeiten und zu vertreten. Die Berliner Erklärung war geboren. Eine begleitende Unterschriftenaktion wurde von vielen namhaften Persönlichkeiten unterschrieben. Die Pressekonferenz mit dem offiziellen Start der Berliner Erklärung im Dezember 2011 kam für viele überraschend. Unser Dank für das Jahr 2011 gilt den Parlamentarierinnen Ekin Deligöz (Bündnis 90/DIE GRÜNEN), Sybille Laurischk (FDP), Cornelia Möhring (Die Linke), Rita Pawelski (CDU), Dagmar Ziegler (SPD) und auch Dorothea Bär (CSU – anfangs Mitglied der Berliner Erklärung) und auch den beteiligten Frauenverbänden: BPW Germany, djb, Deutsche LandFrauen, EWMD und VdU.
Das Jahr 2012 bedeutete für FidAR eine weiter wachsende Mitgliederzahl, den Ausbau von FidAR in allen Regionen Deutschlands zur stärkeren Vernetzung vor Ort, die Begleitung bei der Gründung von ProQuote Medien und das Hoffen auf eine europäische Regelung, die die ehemalige EU-Kommissarin Viviane Reding im November 2012 im EU-Parlament auch durchsetzen konnte. In Deutschland bewegte sich zur selben Zeit mit der Umsetzung des Stufenplans weiterhin wenig. Dieser Stillstand wurde der FDP angelastet, die sich strikt gegen Quoten und verbindliche Zielvorgaben sperrte. Der Lichtblick kam im September 2012: Die Abstimmung im Bundesrat zu einem Gesetzesentwurf, eingebracht von SPD und Bündnis 90/DIE GRÜNEN zu mehr Frauen in Führungspositionen, wurde mit den Stimmen aus dem Saarland und Sachsen-Anhalt angenommen. Unser Dank für das Jahr 2012 gilt der Hamburger Justizsenatorin Jana Schiedek, der Ministerpräsidentin des Saarlands, Annegret Kramp-Karrenbauer, dem Ministerpräsidenten von Sachsen-Anhalt, Reiner Haseloff sowie Elisabeth Winkelmeier-Becker, MdB (CDU/CSU); die sich in der ersten Lesung im Bundestag zu dem Gesetzesentwurf der SPD und Bündnis90/DIE GRÜNEN am 22.10.2012 für die Quote ausgesprochen hatten.
Im Jahr 2013 wurde FidAR nach vielen Bemühungen, der finale Antrag für den Public-WoB Index im Herbst genehmigt. Unserer Forderung, dass auch die öffentlichen Unternehmen den Frauenanteil in Führungspositionen deutlich erhöhen müssten, wurde im Ministerium Gehör geschenkt. Das gesamte Jahr war geprägt vom Bundestags-Wahlkampf, von Schreiben an die Abgeordneten im April mit der Bitte, den Gesetzesvorschlag, der im Bundesrat im Herbst 2012 Zustimmung gefunden hatte, auch im Bundestag zu unterstützen. Die denkwürdige Bundestagsdebatte am 18. April 2013 zum o.a Gesetzesentwurf von SPD und Bündnis 90/DIE GRÜNEN basierte auf einem weitreichenden Beschluss der CDU/CSU am 15. April 2013. Besonders aufgrund des Wirkens der Parlamentarierinnen der Berliner Erklärung hatte die CDU/CSU ihr Wahlprogramm aus dem Dezember 2012 dahingehend geändert, dass sie ab 2020 eine 30% Quote für Frauen in Aufsichtsräten als Kompromiss am 15. April verabschiedeten. Somit konnten die Abgeordneten der CDU/CSU, die den Gesetzesvorschlag mit unterstützt hätten, am 18.04. nicht dafür stimmen.
Des Weiteren hatten sich 10 Frauenverbänden zur Aktion der Spitzenfrauen im Frühjahr 2013 zusammengefunden und die Kandidatinnen und Kandidaten der Parteien in einem viel beachteten Aktionstag am 17. Mai 2013 aufgesucht und interviewt. Ein weiteres Schreiben an die neuen Bundestagsabgeordneten folgte im November 2013, wo wir auf ihre Unterstützung bei den bevorstehenden Koalitionsverhandlungen setzten und Hintergründe erläutert haben. Höhepunkt des Jahres war die Nacht des 18. November, in der der Koalitionstext zum Thema Frauen in Führungspositionen zwischen CDU/CSU und SPD verabschiedet wurde. Hierzu haben wir mit vielen Argumenten, Zahlen, Schreiben und Gesprächen beigetragen. Unser Dank für 2013 gilt den Koalitions-Unterhändlerinnen Annette Widmann-Mauz für die CDU und Manuela Schwesig für die SPD. Dieses Ergebnis wäre nie erzielt worden, wenn die CDU/CSU nicht die Kompromissformel im April des Jahres in ihr Wahlprogramm aufgenommen hätte. Daher unser besonders Dank an Rita Pawelski von der CDU/CSU für ihre anstrengende Arbeit.
Das Jahr 2014 begann politisch mit den vorgestellten Leitlinien von Bundesministerin Manuela Schwesig und Bundesminister Heiko Maas im März des Jahres. Der erste Referentenentwurf zum Gesetz im Juni löste eine heftige Diskussion aus, da er nicht nur für die Privatwirtschaft und die öffentlichen Unternehmen, sondern auch für den öffentlichen Dienst deutliche Veränderungen vorsahen. Ministerin Schwesig erläuterte auf dem FidAR-Forum VI am 09. Oktober ihre Position nochmals sehr nachhaltig. Oktober und November waren geprägt von vielen qualitativ sehr unterschiedlichen Beiträgen zu dem Thema, bis die Bundeskanzlerin sich des Themas annahm und eine klare Position für die Quote bezog. So passierte der Gesetzesvorschlag mit Änderungen den Koalitionsausschuss Ende November und den Kabinettstisch im Dezember. Der Weg war bereitet. Und wieder haben wir an die Bundestags-abgeordneten geschrieben, aktuelle Zahlen geliefert, Hintergrundgespräche geführt, in Gesprächsrunden mit den Ausschüssen und Vertretern der Familienunternehmen diskutiert und weiterhin viel Aufklärungsarbeit geleistet. Unser Dank gilt in besonderem Maße der Bundeskanzlerin Angela Merkel für ihr Machtwort, der Bundesministerin Manuela Schwesig und dem Bundesminister Heiko Maas für ihr Durchhaltevermögen und den Vertreterinnen der Berliner Erklärung für ihr weiteres Wirken im Hintergrund.
Und nun das Jahr 2015. Die erste Lesung am 30. Januar im Bundestag verlief noch relativ ruhig. Am 23. Februar in der öffentlichen Anhörung eingeladen vom Rechtsausschuss und Familienausschuss des Bundestages war die Stimmung doch wesentlich aufgeladener. Besonders die Ausführungen der Rechtsexperten und Gleichstellungsbeauftragten zu den Veränderungen im öffentlichen Dienst sorgten für Diskussionen. So wurde bis zum Vortag des 06. März in diesem Teil des Gesetzes nachgebessert. Für FidAR hieß es nun „Nerven bewahren“: die Anhörung als Expertin, die Benennung von weiteren Experten, eine weitere Stellungnahme, die Vorbereitung auf die Anhörung und die Anhörung selbst zehrten an den Nerven.
Dann als erster Meilenstein für unsere Arbeit die Verabschiedung des Gesetzes am 06. März 2015.
Wir sind sehr stolz auf unsere Arbeit!
Und das zurecht! Die FidAR-Frauen haben viel erreicht: für die Frauen, die Männer und die Wirtschaft Deutschlands. Wir gratulieren herzlichst und arbeiten weiter am gemeinsamen Ziel:
Genderfairness in Organisationen und in der Gesellschaft!